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OLG Frankfurt: Keine Pflicht zur anwaltlichen Vertretung im Nachprüfungsverfahren

Zentrale Vergabestellen müssen sich nicht zwingend durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen – auch nicht in komplexeren Nachprüfungsverfahren. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in zwei aktuellen Beschlüssen klargestellt. Entscheidend ist die fachliche und organisatorische Ausstattung der Vergabestelle. Somit besteht keine Anwaltspflicht im Nachprüfungsverfahren für Vergabestellen.

In beiden Fällen hatte die Vergabestelle (der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen) eine ausführliche Rügebeantwortung abgegeben, die bereits alle wesentlichen rechtlichen Fragen des späteren Nachprüfungsverfahrens behandelte. Aus Sicht des OLG war dies ein Indiz dafür, dass die Vergabestelle fachlich in der Lage war, das Verfahren ohne anwaltliche Hilfe zu führen.

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Die Vergabekammer hatte zunächst die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den Auftraggeber als notwendig eingestuft. Das OLG Frankfurt hat diese Einschätzung korrigiert: Die Beauftragung war in diesen Fällen nicht erforderlich, sodass die Antragstellerin die Kosten nicht zu tragen hat. Die Richter betonten, dass typische vergaberechtliche Fragestellungen – wie hier die Preisprüfung – zum Aufgabenbereich einer erfahrenen Vergabestelle gehören.

Das Gericht stellte klar, dass nicht jeder Einsatz eines Anwalts automatisch als notwendig gilt und damit keine Anwaltspflicht im Nachprüfungsverfahren für Vergabestellen besteht. Nur wenn besondere Umstände wie komplexe rechtliche Fragestellungen, hohe Auftragsvolumina oder Koordinierungsaufwand vorliegen, kann die Hinzuziehung erforderlich sein. Zentralen Vergabestellen mit juristisch geschultem Personal wird grundsätzlich zugetraut, Nachprüfungsverfahren selbst zu führen.

Für die Vergabepraxis bedeutet das: Öffentliche Auftraggeber sollten genau dokumentieren, warum eine anwaltliche Vertretung im Einzelfall notwendig war. Nur bei sorgfältiger Begründung besteht die Chance auf eine Kostenerstattung durch unterlegene Bieter. Eine vorab eigenständige Rügebeantwortung kann im Umkehrschluss gegen die Notwendigkeit sprechen.

Quelle: OLG Frankfurt

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