OLG Düsseldorf konkretisiert Auftragswertschätzung bei Verwertungsleistungen
Bei der Vergabe von Leistungen zur Sammlung und Verwertung von Alttextilien oder Altpapier stehen öffentliche Auftraggeber regelmäßig vor einer komplexen Herausforderung. Dabei stellt sich die Frage: Wie funktioniert die Auftragswertschätzung bei Verwertungsleistungen mit Entgelt- und Verwertungskomponenten? Eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 06.09.2023 – VII-Verg 11/23) bringt nun mehr Klarheit.
Zahlungspflichten in beide Richtungen: Entgelt trifft Verwertungserlös
In solchen Ausschreibungen fließen die Zahlungen oft in beide Richtungen: Der Auftraggeber zahlt dem Auftragnehmer ein Entgelt für Dienstleistungen wie Abholung und Sortierung. Gleichzeitig zahlt der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Vergütung dafür, dass er verwertbare Materialien erhält, deren Erlös er behalten darf. Diese gegenseitige Zahlungsstruktur erschwert die korrekte Auftragswertschätzung nach § 3 VgV.
WEBINAR
Crashkurs Auftragswertschätzung – sicher kalkulieren, rechtssicher ausschreiben
Wie ermittelst Du den Auftragswert korrekt?
In diesem Webinar erhältst Du einen kompakten Überblick über die rechtlichen Grundlagen und praxisrelevanten Methoden zur Auftragswertschätzung – für Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge.
Ideal für alle, die in der Vergabe sicher kalkulieren und formale Fehler vermeiden wollen.
Auftragswertschätzung bei Verwertungsleistungen – so funktioniert es
Das OLG Düsseldorf hat nun klargestellt, dass sich der relevante Auftragswert aus zwei Komponenten zusammensetzt:
- dem Entgelt, das der Auftraggeber an den Auftragnehmer zahlt,
- und der Differenz zwischen dem vom Auftragnehmer erzielten Verwertungserlös und der Zahlung an den Auftraggeber.
Für das Gericht zählt jeder geldwerte Vorteil, den der Auftragnehmer erhält, zum Auftragswert. Somit geht der Wert über die reine Geldzahlung hinaus und schließt auch wirtschaftliche Vorteile durch die Verwertung ein.
Praxisrelevanz für Vergabestellen
Die Entscheidung hat unmittelbare Folgen für die Praxis. Öffentliche Auftraggeber müssen im Vorfeld der Ausschreibung eine belastbare Schätzung des voraussichtlichen Verwertungsüberschusses vornehmen – auf Basis marktüblicher Preise. Zusätzlich empfiehlt es sich, einen pauschalen Aufschlag (z. B. 10–15 %) zu kalkulieren, um Unsicherheiten im Marktpreis auszugleichen. Diese Schätzung beeinflusst nicht nur die Frage, ob ein Schwellenwert überschritten wird, sondern kann auch eine Rolle spielen, wenn ein Verfahren wegen Unwirtschaftlichkeit aufgehoben werden soll.
Neue Orientierung für Ausschreibungen im Verwertungsbereich
Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit bei der Ausschreibung von Leistungen mit Verwertungsanteil – etwa im Bereich Alttextilien, Altpapier oder vergleichbarer Leistungen. Für Vergabestellen bedeutet das: Eine gut dokumentierte, realistische Auftragswertschätzung bleibt unverzichtbar – nicht nur für die Bekanntmachung, sondern auch für die Bewertung später eingehender Angebote.
Quelle: Deutsches Vergabenetzwerk