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Struktur des Vergaberechts

Das Vergaberecht bringt eine bestimmte Struktur mit sich. Das anzuwenden Vergaberecht richtet sich dabei nach festgesetzten Schwellenwerte. Je nachdem wie hoch diese sind, muss national oder europaweit ausgeschrieben werden.

Icon Deutschland, Struktur Vergaberecht in Deutschland

Höhe der EU-Schwellenwerte

Die Struktur des deutschen Vergaberechts wird zunächst in die Bereiche ober- und unterhalb der sogenannten EU-Schwellenwerte unterteilt. Anhand dieser Schwellenwerte bestimmt sich, ob ein Verfahren EU-weit ausgeschrieben werden muss oder ob eine nationale Ausschreibung ausreichend ist. Nach der Reichweite der Ausschreibung richtet sich dann das jeweils anzuwendende Vergaberecht.

Die Höhe der EU-Schwellenwerte hängen vom Leistungsgegenstand ab. Sie werden deshalb regelmäßig überprüft und die Beträge angepasst. Die letzte Änderung ist zum
1. Januar 2022 in Kraft getreten, seitdem gelten folgende Schwellenwerte:

  • Bauaufträge und Konzessionsvergaben: 5.538.000 Euro,
  • Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 221.000 Euro,
  • Aufträge von Sektorenauftraggebern: 443.000 Euro,
  • Aufträge oberer und oberster Bundesbehörden: 143.000 Euro,
  • Soziale und andere besondere Dienstleistungen: 750.000 Euro.

Struktur in Deutschland – Kaskadenprinzip

Die Staffelung beziehungsweise Struktur des Vergaberechts in Deutschland oberhalb der EU-Schwellenwerte wird als „Kaskadenprinzip“ bezeichnet. Innerhalb der vergaberechtlichen Regelungen wurde dafür eine Normenhierarchie festgelegt, wobei die höhere Stufe immer den Vorrang vor der niedrigeren hat. Im Detail handelt es sich hier um drei Stufen:

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Abschnitt 2 und Abschnitt 3 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A (VOB/A – EU und VOB/A – VS) sind Normen im Rang einer Verwaltungsvorschrift, stehen also in der Normenhierarchie nach den Gesetzen und Verordnungen an dritter Stelle. Sie haben aus sich heraus keinerlei Außenwirkung, diese erlangen sie folglich erst durch einen sogenannten „Anwendungsbefehl“ in der VgV bzw. in der VSVgV.

Unterhalb der EU-Schwellenwerte ist die Struktur des Vergaberechts dem Haushaltsrecht zugeordnet. Damit sind zunächst die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Darüber hinaus haben aber sämtliche Bundesländer eigene Gesetze für die Vergabe öffentlicher Aufträge entwickelt. Das führt dazu, dass sich das Vergaberecht von Bundesland zu Bundesland teilweise stark unterscheidet.

Über Verweise (= Anwendungsbefehle) in den jeweiligen Landeshaushaltsordnungen oder den Landesvergabe-, Mittelstandsförder- oder Tariftreuegesetzen (die Bezeichnungen der Gesetze variieren), finden folgende Vergabeordnungen Anwendung:

Ebenso wie die landesrechtlichen Normen verweisen auch die Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung auf VOB/A und UVgO und verschaffen damit diesen Vergabeordnungen bei Vergaben des Bundes Außenwirkung.

Sondervergaberecht

Auch außerhalb der oben beschriebenen Systematik existieren vergaberechtliche Normen sowie Strukturen für Ausnahmen. Das Sondervergaberecht gilt demnach für die Bereiche:

  • Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)
  • Schienengebundener Personennahverkehr (SPNV)
  • Soziale und andere besondere Dienstleistungen

Ausschreibungen in ÖPNV und SPNV

Für Ausschreibungen in ÖPNV und SPNV gilt hierbei die EU-Verordnung über öffentliche Verkehrsdienste (Verordnung [EG] Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße) direkt in Deutschland.
Diese regelt beispielsweise:

  • Transparenz und offener Zugang für alle potenziellen Anbieter innerhalb der EU
  • Diskriminierungsfreiheit und neutrale Beschreibung der zu vergebenden Leistungen
  • Gegenseitige Anerkennung von Leistungs- und Befähigungsnachweisen
  • Bekanntgabe der Wertungskriterien für die Angebote

Ausschreibungen soziale und andere besondere Dienstleistungen

Auch für den Bereich der sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen gelten Sonderregelungen. Hier wird gemäß der EU-Vergaberichtlinie mangels grenzüberschreitender Dimension der Auftragsgegenstände lediglich die Einhaltung der Grundprinzipien von Transparenz und Gleichbehandlung verlangt. Das deutsche Vergaberecht (§ 130 GWB; §§ 64 bis 66 VgV) lässt daher punktuelle Ausnahmen vom ansonsten strengen Vergaberechtsregime zu. Bei diesen Vergaben gilt ein höherer Sonder-Schwellenwert von 750.000 Euro. Damit fallen weniger Auftragsvergaben unter das Kartell-Vergaberecht des GWB und der VgV. Auch im Unterschwellenbereich gelten hier einzelne Erleichterungen, festgeschrieben in § 49 UVgO.

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